Der Behandlungsweg existiert, und wenn er bis zum Ende gegangen wird, ist die Wahrscheinlichkeit abstinent zu bleiben sehr hoch. Warum schaffen es dann nur 5% der Behandelten, im ersten Jahr nicht rückfällig zu werden?

Kurz gesagt: Der skizzierte Behandlungsweg dauert mitunter ein Jahr und länger. Viele Patienten verlässt zwischendurch der Mut, die Zuversicht oder die Krankheitseinsicht.

Da der Therapieweg aus mehreren Schritten besteht, die nicht nahtlos ineinandergreifen, fallen von Schritt zu Schritt mehr Kranke aus der Suchthilfe raus.

  • 300.000 Patienten werden jährlich mit der Diagnose Alkoholismus in Krankenhäusern behandelt
  • 50.000 PatienInnen haben einen Antrag auf Reha bewilligt bekommen
  • geschätzt* 20.000 Patientinnen besuchen eine Nachsorge
  • 17.000 Personen schaffen es ein Jahr nach Entgiftung noch abstinent zu sein.

Der Weg beginnt mit einem Erstkontakt. Dieser erfolgt telefonisch oder persönlich, das Blaue Kreuz beispielsweise bietet auch Motivationsgruppen an, um die Zeit bis zum nächsten Schritt zu überbrücken. Der Entgiftung, dem Entzug. Was Nichtbetroffene oft nicht wissen: Vor der Entgiftung darf ein Alkoholiker nicht aufhören zu konsumieren, unter garkeinen Umständen. Sonst besteht die Gefahr eines Krampfanfalls, das ist eine Form eines epileptischen Anfalls, oder ein Delir. Weiße Mäuse sehen.  Meist sind es Käfer und Spinnen.

Jedes Krankenhaus bietet Betten zur Entgiftung an, empfehlenswert ist es, Fachkliniken aufzusuchen. Dort kann eine qualifizierte Entgiftung in 5 Tagen durchgeführt werden. Bis vor wenigen Jahren waren es 21 Tage. Die Entgiftung erfolgt meist stationär und unter permanenter Beaufsichtigung. Durch Medikamente wird die Wahrscheinlichkeit eines Krampfanfalls reduziert. Je nach Schwere der Abhängigkeit und Klinik kann ein Aufenthalt in der Klinik auch einige Monate dauern, vor allem wenn ein direkter Anschluss an den nächsten Therapieschritt erfolgen soll.

Allerdings beenden viele AlkoholikerInnen nach der Entgiftung die Therapie. Dafür gibt es viele Gründe:

  • mangelnde Krankheitseinsicht
  • Unterschätzung der Schwere der Krankheit
  • Familiäre Situation
  • Angst vor Veränderungen
  • und vieles mehr

Nach der Entgiftung sollte eine Reha – die Entwöhnung – anschließen. Dort werden Verhaltensweisen erlernt, die den Alltag mit der Erkrankung erträglich machen sollen. Diese Entwöhnung erfolgt meist stationär (es gibt auch ambulante Möglichkeiten) und dauert in der Regel zwischen 8 und 16 Wochen. Man kann sich das wie bei einer Physischen Reha, z.B. nach einem Kreuzbandriss vorstellen: man lernt gehen und sich zu belasten und mit dem Handycap leben. Allerdings ist es auch bei einem Kreuzbandriss nicht mit 6 Wochen Reha getan: danach müssen noch einige Monate Stabilisierung, z.B. in ambulanter Physiotherapie, erfolgen. Neue Verhaltensweisen müssen täglich bedacht und eingeübt werden. 

Hier erfolgt ein weiterer großer Bruch: nach Wochen im geschützten Rahmen der Kliniken beginnt nun der Alltag in der Realität. Dort erwarten die Patienten nicht verständnisvolle Ärzte und mitfühlende LeidensgenossInnen, sondern verständnislose Saufkumpane oder erwartungsvolle PartnerInnen. 

Um mit dem Alltag umzugehen, sollte nahtlos eine Stabilisierung – Nachsorge – anschließen. Hier werden in der Gruppe oder im Einzelgespräch während eines halben Jahrs die therapeutischen Ziele der Reha vertieft und gelernt, anzuwenden. 

Kranke, die diesen Schritt durchlaufen, bleiben in der Regel abstinent. Selbst bei einem Rückfall erfolgt bald wieder die Aufnahme der Abstinenz.

Alkoholismus ist eine unheilbare Erkrankung. Durch den Therapieweg wird es den Kranken ermöglicht, ein abstinentes Leben zu führen. Nach einiger Zeit sogar eines, das Spaß macht und erfüllend ist.