Alkoholiker:innen trinken nicht weil sie wollen, sondern weil sie müssen. Anfangs hat der Konsum noch Spaß gemacht, auf Parties, Hochhzeiten, mit dem Partner das feine Glas Wein. Das ändert sich mit der Zeit. Alle Gedanken drehen sich um den Stoff, um den Konsum. Alkoholkranke Menschen denken dann oft “Ja, wenn ich mal ne Zeit abstinent lebe, dann kann ich wieder fröhlich trinken, so wie früher”.
Den Zahn will ich euch ziehen: es gibt keinen Weg zurück in das lustige Party-Trinken, den spaßigen Konsum. Sobald eine Grenze überschritten wurde, übernimmt die Sucht das Steuerrad. Daher ist – meiner Erfahrung nach und nach Erfahrung vieler Suchtexperten – für wirklich alkoholkranke Menschen, die sich bereits in der kritischen Phase nach Jellinek befinden, auch Kontrolliertes Trinken nicht möglich. Zumindest führt es nicht zu einem erfüllten Leben, da sich dennoch alle Gedanken um Alkohol weiterhin drehen.
Alkoholismus ist ja seit 1968 von der WHO als Krankheit anerkannt und in dem ICD-Regelwerk zu finden. Hier hat ein Herr sehr starke Vorarbeit geleistet:
Eine grundlegende Untersuchung über die Krankheit Alkoholismus stammt von dem amerikanischen
Professor Dr. E. M. Jellinek. Im Auftrag der WHO (World Health Organisation, Weltgesundheitsorganisation) hat er bereits in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts mehrere tausend Fälle von Alkoholikern untersucht und erkannte eine einheitliche Symptomatik, die sich in 4 Phasen und 45 Symptome aufgliedern lässt.
Die von Jellinek beschriebenen Phasen eschreiben eine zunehmende
Chronifizierung der Alkoholabhängigkeit. Die Übergänge zwischen den Phasen sind fließend, nicht jeder Patient muss alle Symptome entsprechend der von Jellinek notierten Reihenfolge erleben.
Starten wir erst mal mit den 4 Phasen:
Vorphase: Hier wird Alkohol noch gesellschaftlich anerkannt konsumiert, allerdings merken die betroffenen Personen, dass Alkohol eine gewisse Funktion für sie übernimmt: Entspannung, mehr Mut etc.
Anfangsphase: Diese Rolle als Hilfsmittel verstärkt sich in der Anfangsphase, Alkohol ist immer weniger ein Genussmittel.
Gleichzeitig beginnt der Umgang mit Alkohol und das Verhalten des Betroffenen in diesem Zusammenhang immer mehr von dem in der Gesellschaft üblichen Muster abzuweichen.
Kritische Phase: Neben den vielen Symptomen, die noch in einem anderen Beitrag beschrieben werden oder hier als Download erhältlich sind, ist eines zentral: der sogenannte Kontrollverlust. Ist er eingetreten, wurde der Rubicon überschritten und es gibt definitiv keinen Weg mehr zurück. Klingt hart und bitter, ist aber so.
Kontrollverlust bedeutet, dass die Betroffene Person nicht mehr in der Lage ist, den Konsum selbstbestimmt zu tätigen. Du nimmst Dir vor: heute trinke ich nicht, schaffst es aber dennoch nicht, abends “nein” zu sagen. Du wolltest eigentlich nur ein Glas trinken, am Ende des Abends wurden es doch 2 Flaschen Wein. Dein Denken dreht sich verstärkt um Alkohol, und es beginnen erste schwerwiegende Symptome.
Chronische Phase: Hier treten dann massive Entzugserscheinungen auf, wenn nicht genügend konsumiert wird. Diese können körperlich oder psychisch sein. Auch massive körperliche und psychische bzw. neurologische Folgeerkrankungen manifestieren sich mehr und mehr.
Außerdem bestimmt der Alkohol weitestgehend Dein LEben: Familie, Freunde, Arbeit – alles wird um den Alkohol herum gebaut, teilweise verliert man Kontakt zu Freunden, den Job und/oder die Unterstützung seiner Familie. Der Leidensdruck der Erkrankten ist so hoch, dass oft Suizidgedanken oder Versuche erfolgen. Delir und epileptische Anfälle sind ein häufiges und oft tödliches Symptom.
Alkoholismus führt über kurz oder lang zum Exitus. Also zum Tod. Die Lebenserwartung einer alkoholkranken Person liegt im Durchschnitt 20 Jahre unter der allgemeinen.